Zeitloses Kyoto

Die Fahrt von Tokyo nach Kyoto hat tatsächlich nur 2:15 h gedauert und alles lief wie am Schnürchen. Wir waren pünktlich am Bahnhof und haben dann auch sofort die für unseren Waggon anvisierte Wartestelle gefunden. Zum Bedauern unseres Jüngsten hatten wir allerdings keine Zeit mehr, einen kleinen Proviant für die Fahrt einzukaufen. Zum Glück gab es aber auch im Shinkansen einen Trolley, der mit lauter Knabbereien bestückt durch den Zug gefahren wurde.

Genau genommen hatten wir in Kyoto nur einen vollen Tag zur Verfügung. Da gilt es effizient zu sein. Als erstes hatten wir uns Nijo-Castle vorgenommen. Dieses Schloss wurde 1626 vom Gründer des Tokugawa Shogunats erbaut und war bis 1939 in Gebrauch. Wenn ich an ein Schloss denke, dann fällt mir Neuschwanstein ein. Das sieht in Japan natürlich ganz anders aus. Die überwiegend aus Papier gebauten Häuser sind flach und schlicht, wenn auch kunstvoll verziert. Macht und Reichtum wurden durch eine große Menge Blattgold und hervorragende Holzschnitzereien zum Ausdruck gebracht. Leider durfte man in dem Schloss nicht fotografieren. So dass ich hier nur ein paar Außenansichten sowie eine höchst motivierte Schulkasse zeigen kann.

Das Besondere an Nijo-Castle sind die Nightingale Floors. Diese Böden waren derart konstruiert, dass sie bei jedem Schritt wie Vögel zwitscherten und jedes Anschleichen vereitelten. Nun sind wir zwar in Horden durch das Schloss gelaufen, aber dennoch konnten wir das Zwitschern die ganze Zeit hören. Fehlte nur noch, dass ein Samurai aus einer der Schiebetüren herausgesprungen wäre.

Nach der Kultur hatten natürlich wieder alle Hunger und so haben wir uns im Zentrum auf die Suche nach etwas Essbarem gemacht. Nicht so einfach, wenn man keinen Fisch isst und die Sprache nicht spricht. Die Bilder auf den Speisekarten waren nicht wirklich gut zu erkennen und so haben Lara und ich uns letztendlich für einen altbekannten Starbucks Kaffee entschieden. Bis dahin gab es allerdings noch einiges zu sehen und zu erleben. So haben wir eine Busfahrt vom Feinsten genossen. Der Fahrer trug Handschuhe und wies seine Fahrgäste jedes Mal daraufhin, dass er jetzt wieder anfuhr. Sehr rücksichtsvoll!

Sehr schön fanden wir auch die Arbeiter der Abwasserwerke, die ruhig und ordentlich von einem Abwasserdeckel zum nächsten fuhren, die Arbeitsstätte absicherten und dann säuberten.

In den japanischen Städten ist es immer sehr eng und der Platz optimiert genutzt. Da wirkten die großen Terrassen verschwenderisch und die unverstellte Aussicht auf den Fluss luxuriös.

Zunächst hatten wir den Bezirk Gion gesucht, die Gegend in der es noch echte Geishas geben soll. Die grobe Richtung stimmte, aber irgendwann sind wir falschen Geishas gefolgt. Gewundert hatten wir uns schon wegen der großen Anzahl der gesichteten Geishas. Auch das Auftreten eines Mannes in entsprechender Kleidung verwunderte uns. Sollten das alles Köder sein, die uns in eine zugegeben schöne Gasse mit alten Holzhäusern locken sollten, um dort uneingeschränkt dem Souvenirshopping zu verfallen?

Aber dann kam irgendwann die Erklärung. Hier konnte man sich diese Kleider mit sämtlichem Zubehör für einen Tag ausleihen. Und das haben auch wirklich viele Frauen und durchaus einige Männer getan. Sehr lustig, wenn dann diese Menschen aus einer anderen Zeit mit Plastiktüten am Handgelenk und einem Handy in der Hand an dir vorbeilaufen.

Und hier nun fanden wir eine weitere Sehenswürdigkeit Kyotos: den Kiyomizu-Tempel. Hinter dem großen roten Tor befand sich der Eingang zu einer Parkanlage mit Tempel. Leider waren wir wieder einmal rechtzeitig zum Feierabend angekommen und konnten nur noch den Fotowahnsinn in der blauen Stunde miterleben. Und da waren sie wieder, die Selfies, die selbst bei den Geishas von heute sehr beliebt waren.

Aber zugegeben, der Sonnenuntergang war beeindruckend und wenn man die Einstellung an der Kamera günstig wählt, dann fallen die vollgestopften Wege fast gar nicht mehr auf!

Spätestens nach Kyoto standen für mich zwei Dinge fest: Ich muss das Buch „Shogun“ noch einmal lesen und ich will noch mal nach Japan, dann aber mit mehr Zeit und vielleicht ein kleines bisschen besser vorbereitet. Den ersten Vorsatz habe ich übrigens schon in die Tat umgesetzt und habe dabei festgestellt, dass ich auch noch mal nach Osaka will, denn Osaka Castle wird ebenfalls in Shogun genannt und soll heute originalgetreu wieder aufgebaut worden sein. Okay, nicht ganz original, heute herrscht Beton vor, aber zumindest gibt es einem eine Vorstellung über Größe und Aufteilung.

Für heute muss ich Schluss machen, da ich jetzt wieder zum Chinesischunterricht fahre. Aber hoffentlich bald kommen noch ein paar Fotos von Osaka, damit diese Trilogie vollständig ist.

Lasst es Euch gut gehen!
Eure Bettina

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert