Nachtmärkte in der Stadt
Auch wenn es jetzt gerade heftig schneit, blicke ich doch mit Zuversicht in die nahe Zukunft und damit auf den Frühling und den Sommer in der Stadt. Ich freue mich schon darauf, wieder abends über die Nachtmärkte zu laufen, die sommerliche Gelassenheit zu spüren, den fleißigen Sportlern auf allen Plätzen der Stadt zuzuschauen und zu erleben, wie ganze Familien auf dem Bürgersteig ein Grillfest feiern.
Hier ist man sehr anpassungsfähig und so hört das Leben auf der Straße auch im Winter nicht wirklich auf. Das Angebot wird natürlich angepasst und die Menge nimmt im Winter deutlich ab. Aber jetzt gibt es gebackene Süßkartoffeln, kandierte Früchte, jede Menge Nüsse und Kerne und natürlich Nudeln oder gefüllte Fladen. Ab April geht es dann wieder richtig los, da werden jeden Tag die Stände abends aufgebaut und die Menschenmengen schieben sich durch enge Straßen um verschiedenste gegrillte Fleischspieße, Meeresfrüchte, gefrorene Milch, geschnittenes, frisches Obst, Stinketofu und diverses mehr zu essen.
Für ganz Zartbesaitete sind diese Märkte schon eine echte Herausforderung. Mal ganz vorsichtig ausgedrückt, ist dieses Streetfood ein Testen aller Sinne; Hygiene und auch die Zutaten sind nicht jedermanns Sache; es brennt auch schon mal der eine oder andere Spieß an, was da immer genau verarbeitet wird, möchte man manchmal gar nicht so genau wissen und wie oft hier das Fett gewechselt wird, kann ich auch nicht sagen. Aber das Essen geht weg wie nichts, so schlecht kann es ja nicht sein.
Liebevoll wird das Essen gestaltet, ob es Tofu oder Kartoffeln auf Spieße gewickelt sind, das Obst auf Holzspießen, die aufgetürmten Kirschen, Erdbeeren oder Tomaten, alles wird hier von Hand vorbereitet. Diese Arbeit kann ich immer auf dem Weg von der Sprachschule zum Auto erleben. Dann ist das Mittagsgeschäft vorbei und alle sitzen draußen an den Tischen und spießen mit viel Geduld das Fleisch auf. Das Leben findet auf der Straße statt.
Und es scheint auch nicht nur Arbeit zu sein sondern ein geselliges Beisammensein. Damit mein Foto auch besonders eindrucksvoll werden würde, hat dieser Grillmeister das Gas mal so richtig aufgedreht. Auch die Damen am Nachbarstand nehmen regen Anteil und freuen sich über mein Staunen und lachen über meine Zurückhaltung, was das Essensangebot angeht. Der Abend ist ein Event und jeder macht das Beste draus. Und das Ganze läuft natürlich immer besser, wenn man es gleich mit vielen macht. Ein Zuviel an Menschen gibt es für Chinesen nicht, glaube ich.
Erfindungsreich sind sie und in der Lage, mit den einfachsten Mitteln ein Ergebnis zu erzielen. Schon mal darüber nachgedacht, ob man mit solch vereinfachtem Equipment die Würstchenpreise auf dem Oktoberfest etwas senken könnte? Absperrung braucht man auch nicht, weil jeder mit gesundem Menschenverstand ganz von selbst Abstand hält.
Auf dem größten Nachtmarkt Chinas, der übrigens hier in Shenyang ist, gab es ganz besondere Spezialitäten. Neben Skorpionen und Heuschrecken und anderen mir nicht bekannten Tieren auf Spießchen gab es auch Krokodil. Man kann nicht sagen, dass das Essen nicht absolut frisch auf den Tisch kommt.
Mais ist sehr beliebt, man kann ihn gedünstet und gegrillt essen. Leider wird er nicht mit leckerer Butter und etwas Salz serviert, daher habe ich mich bisher zurückgehalten. Außerdem sieht der gedünstete Mais ziemlich blass aus und schmeckt eher wie Futtermais. Aber psst, ich habe nichts gesagt!!!
So, jetzt wisst ihr, warum ich mich auf den Sommer freue. Dann geht das Leben wieder richtig los! Damit mir die Zeit bis dahin nicht allzu lang wird, habe ich noch ganz viel vor. Ein Kurztrip mit Stefan nach Hongkong, eine Mädelswoche auf Hainan mit Lara, und eine Woche Luoyang und Qingdao. Ich bin mir sicher, die Zeit wird mir im Fluge vergehen.
Ganz liebe Grüße aus Shenyang,
Eure Bettina