Essen, Bestellen und heißes Wasser
Habe ich Euch schon erzählt, dass meine Freundin Barbara schon seit über zwei Jahren hier in Shenyang lebt? Gemeinsam mit ihr haben wir unseren zweiten Tag in der Ferne verbracht und ich freue mich schon darauf, noch viele weitere solcher Tage zu verbringen. Nachdem sie uns einen großen Sack Hundefutter ins Hotel gebracht hat, sind wir gemeinsam mit meinen Kindern und unseren Fahrern (hört sich das dekadent an?) essen gegangen. Hier zeigte sich, dass Barbara schon sehr viel gelernt hat, nämlich dass man für solche Gelegenheiten den Fahrer das Restaurant aussuchen lässt. Zum einen, weil es preislich für den Fahrer nicht unangenehm wird, zum anderen, weil man sich als Langnase nicht so schnell in solche Läden hineintrauen würde. Von Aussehen her eher wie eine schmuddelige Pommesbude, allerdings ohne die uns bekannten Gerichte. Außerdem gibt es meist nur wenige Plätze vorn, dafür aber das häufig das bekannte Separee hinten. Nun kann auch dieses im Aussehen stark schwanken und man sollte sich nicht von Äußerlichkeiten leiten lassen. Nichtsdestotrotz verlässt man sich besser auf die Einheimischen, damit die Qualität des Essens sich vom Aussehen des Lokals abhebt. Als „Profi“ kannte sich Barbara mit den Gepflogenheiten aus und so wurden die Gläser und Schüsseln zunächst einmal mit heißem Wasser ausgespült und mit Servietten abgetrocknet. Das ist schon mal ein erstes Zeichen, dass es sich um ein sehr günstiges Plätzchen handelt. In etwas besseren Plätzen gibt es das Geschirr in Plastik eingeschweißt, das wird hier von einem Dienstleister für alle Restaurants angeboten. Auf die Qualität des Essens hat das aber keinen Einfluss. Wir hatten eine sehr leckere Gemüsesuppe, Frühlingsrollen, die eher an gefüllte Pfannkuchen erinnern und sehr leckere, pikant gewürzte Bohnen. Die Mengen sind immer so ausgelegt, dass etwas übrigbleibt. Es gilt als Schande, wenn ein Gast seinen Teller leermacht, weil der Gastgeber dann nicht genug angeboten hat. Also immer merken, wenn man satt ist, etwas auf dem Teller lassen, sonst wird immer wieder nachgelegt!
Gestern haben wir uns dann auch mal allein in ein Restaurant getraut. Und was soll ich sagen, es war ein voller Erfolg! Wir hatten ein Gericht mit Hühnchen, Möhren und Nüssen, eines mit Bohnen mit Gehacktem, Hühnchen süß-sauer sowie Sellerie mit Cashewnüssen. Alles sehr lecker gewürzt – eine wunderbare Wahl! Bilder, kurze Tiergeräusche und hin und wieder ein kurzer Blick in unseren Google-Übersetzer und schon hatten wir es geschafft.
Barbara konnte ich nun auch mal auf das heiße Wasser ansprechen, dass man immer vor dem Essen gereicht bekommt. Kaltes Wasser ist uns ja sicher allen bekannt, wobei es bei uns in Deutschland eher ungewöhnlich ist, schon mal mit einem Glas Leitungswasser versorgt zu werden. Auch danach zu fragen, ist ungewöhnlich, soll man doch eigentlich sein Wasser kaufen! Hier aber wird heißes Wasser angeboten, es soll den Körper reinigen (vielleicht kann man das Wasser auch einfach nicht unabgekocht trinken) und was soll ich sagen, man kann sich daran gewöhnen. Die im Hotelzimmer angebotenen Teebeutel waren so teuer, dass ich es mir verkniffen habe, diese zu trinken und stattdessen mal auf Totalreinigung zu setzen.
Es hat aber zum Glück nicht allzu lange gedauert, bis Lara und ich per Zufall in einer großen Markthalle gelandet sind. Eigentlich wollten wir zum Carrefour, einem Supermarkt mit einer großen Auswahl an importierten Produkten. Aber unsere Neugier hat uns einfach der Menschenmenge folgen lassen. Zunächst dachte ich, wir wären in einer Bahnhofshalle gelandet, dann dachte ich es wäre eine Messehalle, aber nach wenigen Minuten war klar, dass hier jeder einfach durch die Absperrung gehen konnte und so haben wir uns ganz unauffällig der Menge angeschlossen. Hier liegt die Betonung auf unauffällig, zwei große, blonde Frauen in einer Halle voll kleiner, schwarzhaariger Chinesen. Da muss man einfach cool bleiben und so tun, als wäre nichts. Welches Tier war es noch in Ice Age, das auch so gern eine eigene Familie haben wollte? Das Mammut, das auch am Baum hing, oder? Zum Glück geben wir hier nicht eine ganz so unglückliche Figur ab. Es darf einen nur nicht stören, skrupellos angeguckt zu werden.
Das etwas befremdlich aussehende Fleisch lassen wir an dieser Stelle mal aus, aber Ost und Gemüse ebenso wie Tee, Nüsse und Gewürze sehen wunderbar aus. Nun kann man an der Verpackung nicht erkennen, was für ein Tee drin ist, aber wir hatten Glück, wir konnten den Tee probieren und letztendlich habe ich sogar ein Paket gekauft. Erst danach habe ich dann mitbekommen, dass sämtliche umstehende Standbesitzer einen riesen Spaß hatten. Bei dieser Gelegenheit wurden wir sogar gebeten, uns mit jemandem fotografieren zu lassen. Schüchtern sein geht hier nicht mehr!! Auch wenn mir von Euch keiner meine Schüchternheit abgenommen hat!
Wenn ich jetzt noch weiter über Essen schreibe oder nur darüber nachdenke, fange ich an zu sabbern wie Haakon. Leider müssen wir noch etwas warten, bis Stefan von der Arbeit kommt, damit wir dann gemeinsam zum Essen gehen können. Lasst es Euch gut gehen und freut Euch auf den nächsten Post, in dem ich Euch etwas über den Verkehr hier erzählen werde.
Alles Liebe
Eure Bettina